Warum Unternehmen mit Historie und eigener Wertekultur, auch im Konzernumfeld, nachhaltig wertvoll sind

Veröffentlicht: 01. Januar 2020

Anmerkung: Ich empfinde es als eine wirkliche Besonderheit das Unternehmen Bilfinger Noell, welches auf eine Historie bis ins Jahr 1824 zurückblicken darf, als Geschäftsführer (CEO) zu führen und auf einem Teil seines Weges seit dem Jahr 2008 gestaltend zu begleiten. Nach der Wiessner GmbH, welche ihre außerordentlich erfolgreiche Geschichte bis ins Jahr 1919 datieren konnte, ist Bilfinger Noell für mich das zweite Traditionsunternehmen in der Funktion des Geschäftsführers.

Vor nunmehr fast 196 Jahren wurde in Würzburg vom Schmied Matthias Noell ein Handwerksbetrieb gegründet, der sich ausgehend von Reparatur und Bau von Postkutschen hin zu einem weltweit tätigen High-tech Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau entwickelte. In der Spitze beschäftigte „Noell“ ca. 8000 Mitarbeiter.

Weltweit ist Bilfinger Noell mittlerweile sogar das sechstälteste Unternehmen im Energiebereich und damit ein einzigartiger, attraktiver Markenbestandteil für den heutigen Eigentümer, die Bilfinger SE. Dieser hat sich in den letzten Jahren sichtbar erfolgreich zum leistungsfähigen internationalen Industriedienstleister weiterentwickelt.

Der Name Noell entwickelte sich in den fast 200 Jahren zu einer regional und weltweit bekannten Marke, welche sowohl für die Leistungsfähigkeit, Qualität, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit ihrer gelieferten Produkte als auch für die Motivation und Kompetenz ihrer Mitarbeiter steht. Doch nicht nur dies, die Marke Noell steht auch heute noch für ein Wertesystem innerhalb des Unternehmens selbst, welches uns – in Kombination mit unserem attraktiven und breiten Produktportfolio – zu einem überaus attraktiven Arbeitgeber macht, „sogar“ innerhalb eines Konzernverbundes.

Wie wichtig die innere Wertekultur eines solchen Marken- und Traditionsunternehmens für den Erhalt und Fortbestand von Unternehmenswerten sein kann, das lässt sich am Beispiel unseres Unternehmens gut erkennen. Im Verlaufe der letzten 50 Jahre wurde unsere „Kultur“ mehrfach herausgefordert und hat sich bis zum heutigen Tag immer zum Nutzen der Eigentümer bewährt.

Begonnen hatte es im Jahr 1972 als, nach fast 150 Jahren Konstanz auf der Eigentümerseite, in wirtschaftlich schwerer Situation die Familie Noell ihre gesamten Geschäftsanteile an die Salzgitter AG abgeben musste. Danach ging es fast Schlag auf Schlag. Hier die Kurzfassung: Nach nur weiteren 17 Jahren wechselten die Anteile im Jahr 1989 an die Preussag AG, welche kurz darauf entschied sich dem Tourismus als TUI zu widmen. In der Konsequenz wurde unsere Firma nur ein Jahr später an die Babcock Borsig AG im Jahre 1999 veräußert. Managemententscheidungen führten die Babcock Borsig AG, in welcher zu diesem Zeitpunkt ca. 20.000 Menschen arbeiteten, in gravierende finanzielle Schwierigkeiten und im Jahre 2002 sogar in die Insolvenz. Unser gesundes Unternehmen wurde durch den Babcock Konzern und die vorhandenen finanziellen Verflechtungen temporär ebenfalls insolvent. Konsequenterweise wurde nun sogar ein Insolvenzverwalter „Gesellschafter“ unseres Unternehmens. Die Bilfinger Berger AG erwarb im Jahr 2005 die Unternehmensgruppe Babcock Borsig Service GmbH, in Folge dessen auch unser Unternehmen Bestandteil der heutigen Bilfinger SE wurde. Auch im Bilfinger-Verbund waren die Jahre bisher nicht nur von Konstanz und geprägt. Insbesondere die ersten der letzten 10 Jahre waren für den Konzern herausfordernd, was dazu führte, dass er unser Unternehmen seitdem zweimal dem Markt zum Kauf angeboten hat. Keine einfachen Situationen für uns alle im Unternehmen.

Betrachtet man rückblickend die letzten Jahrzehnte unseres Unternehmens, so ist die Frage zulässig, wie es gelungen ist den Mitarbeiterstamm und das technologische Knowhow auf solch hochwertigem Niveau zu halten. Die kurze Antwort darauf wäre, dass “WIR“ es geschafft haben durch alle Herausforderungen, inklusive vielfacher Änderungen des Unternehmensnamens, ausgehend von einer „Noell“ Wertekultur, das Unternehmen in sich stabil und damit werthaltig für die jeweiligen Gesellschafter und die Mitarbeiter unseres Unternehmens zu halten.

Was verstehen wir eigentlich im „richtigen Leben“ unter Wertekultur oder auch Unternehmenskultur? Einige Stichworte, die (hoffentlich) jeder von uns kennt, sind z.B.:

  • Gegenseitige Loyalität und Vertrauen, ausgehend vom Arbeiter in der Fabrik über die Techniker, Ingenieure, Physiker, Kaufleute usw. bis hin zur Unternehmensführung
  • Nachhaltigkeit und damit einhergehend Glaubwürdigkeit
  • Zwischenmenschlicher Umgang und Wertschätzung der Arbeit eines jeden im Unternehmen
  • Gefühl der persönlichen Zugehörigkeit zum „eigenen“ Unternehmen (Corporate Citizenship)
  • Stolz auf die eigenen geschaffenen Werte, die der Kollegen und die der vorangegangenen Mitarbeitergenerationen
  • Arbeitszufriedenheit und Einsatzbereitschaft

Schaut man sich diese Aufzählung an, so erscheint die Etablierung einer „wahren und nachhaltigen Unternehmenskultur“ nicht besonders kompliziert, doch im richtigen Leben ist es scheinbar wohl doch nicht immer so leicht eine solche in Unternehmen oder Konzernen nachhaltig zu etablieren und auch tatsächlich zu leben. Anzeigen oder Hochglanzbroschüren helfen wenig, alltägliches leben und vorleben ist gefragt!

Quellen:

www.noell.bilfinger.com, www.hennek-homepage.de/nkr/chronik.htm

Werden Sie der beste Unternehmer, der Sie sein können!

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Dr.-Ing. Ronald Hepper

97074 Würzburg